Kein Stress mit der Entspannung!

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Bevor Sie es sich in einem Stuhl, einem Sessel oder auf dem Bett gemütlich machen, und die wohltuende Entspannung genießen, lesen Sie diese Anleitung aufmerksam durch. Dann wissen Sie genauer, was auf Sie zukommt und Sie haben mehr von den Übungen!

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Entspannungsübung

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Kein Stress mit der Entspannung!

Viele Teilnehmer haben aus Vorerfahrungen und Gesprächen mit Anderen eine Fülle an Anforderungen an sich selbst im Kopf, wenn es darum geht, ein Entspannungstraining anzufangen. Die Aussprüche „Das ist nichts für mich“, „ Ich hab das noch nie gekonnt“, etc. beruhen hierauf. Grundsätzlich kann sich jeder Mensch entspannen, sonst würde er ja auch nicht einschlafen können.

Einige überzogene Erwartungen an das Entspannungstraining lauten:

  • ich darf nichts mehr denken
  • ich muss einschlafen
  • ich darf nicht einschlafen
  • ich muss ganz weg sein
  • ich muss die ganze Zeit das Gefühl haben zu schweben
  • es muss etwas ganz Tolles, Besonderes sein
  • ich muss meinen Köper total spüren
  • ich muss immer tief und gleichmäßig atmen

Diese Anforderungen kann man einfach unbeachtet lassen und sich mit den Tatsachen anfreunden.

Die Tatsachen lauten:

  1. Man kann lernen, Entspannung gezielt herbeizuführen. Das ist ein Trainingsprozess, der immer besser gelingt, je häufiger man trainiert. Es dauert bei täglichem Training ca. drei Wochen, bis das Entspannungsmuster sicher verankert ist.
  2. Jede noch so kleine Absenkung des Spannungsniveaus bedeutet bereits Entspannung und ist deshalb schon nützlich. Eine Minute vor sich hinstarren, träumend aus dem Fenster sehen, in Gedanken verloren über den Flur laufen, sich kurz den Nacken massieren – das sind alles kleine Entspannungsmomente. Meistens geschieht Entspannung unmerklich und nebenbei.
  3. Der Kurzschlaf (10-Minuten-Schlaf, Power–Nap) ist Vielen vertraut und ebenfalls eine effiziente Entspannungsmethode.
  4. Für alle Übungen braucht man den festen Entschluss, es jetzt zu machen, die Bereitschaft die richtigen Rahmenbedingungen herzustellen (Ungestörtheit, bequeme Position, etc. ) und die Disziplin, dranzubleiben. Hier liegen die größten Hindernisse, wenn Menschen das Entspannungsverfahren nicht lernen, nicht in dem Verfahren selbst. 

Anleitung

Einführung in die erste Achtsamkeitsübung „Grounding“ („ankommen“):

1-Minuten-Kurzentspannung
Das Wesen der Achtsamkeit ist es, dass man sich auf dasjenige konzentriert, was man gerade mit allen Sinnen wahrnehmen kann: Körperempfindungen, Gerüche, Lichteindrücke durch die geschlossenen Augenlider hindurch, Temperatur, Geräusche, Gedanken, Gefühle. Dabei bemüht man sich, nichts zu bewerten. Wichtig ist nur das, was man wahrnimmt, bzw. auch nicht wahrnimmt. Es gibt kein Ziel, kein Muss, nichts zu erreichen oder etwas Besonders zu erleben. Die innere Haltung ist offen, wachsam und neugierig sein. Bleiben Sie deshalb einfach eine Weile (ca. 1 Minute) ruhig sitzen und folgen Sie nur noch meiner Stimme.

Kein Stress mit der Entspannung!

Einführung in die progressive Muskelentspannung(PM):
Bei der PM strecken Sie Beine und Arme jeweils waagerecht nach vorne und spannen sie an. Jetzt halten die meisten Menschen automatisch die Luft an. Ich werde Sie deshalb immer wider daran erinnern, weiter zu atmen, während ich bis fünf zähle. Bei fünf lassen Sie das Bein , den Arm langsam sinken und spüren dem Unterschied nach, wenn sich einer einstellt. Wenn Sie nichts wahrnehmen, ist es auch ok. Wir werden jedes Bein und jeden Arm zweimal bewusst anspannen und bewusst entspannen, zum Schluss den ganzen Körper anspannen und entspannen und mit der letzten Entspannung setzt dann die Musik ein.

Einführung der Reise durch den Körper („Body-Scan“):
Ich lasse Sie dann noch einen Weile die Entspannung genießen und dann folgt ohne Unterbrechung die Reise durch den Körper, der Body-Scan. Ich spreche alle Körperpartien an von den Füßen über die Arme bis zur Stirn an und Sie schauen, ob Sie diese Körperpartie spüren können, wahrnehmen können, finden können, oder eben auch nicht. Nicht das Ergebnis ist wichtig, sondern die Konzentration auf die einzelnen Partien und die Neugier: Was spüre ich wirklich? Vielleicht spüren Sie auch gar nichts und das ist völlig ok.

Rücknahme und Aktivierung
Wenn die Übung insgesamt beendet ist, zähle ich langsam rückwärts von zehn bis eins und mit jeder Zahl werden Sie wieder wacher und munterer werden. Zum Schluss atmen Sie ein paarmal tief durch, recken und strecken sich in alle Richtungen und kommen wieder in den Raum zurück. Kreisen Sie ganz intensiv mit den Schultern, stemmen Sie die Füße in den Boden und drücken Sie den ganzen Körper nach oben, dabei die Arme imit viel Spannung und ganz durchgedrückt zur Decke strecken und gut durchatmen. Auch gähnen ist erlaubt!

Nachbetrachtung:
Was konnten Sie schon als Kontrast zwischen Anspannung und Entspannung an den einzelnen Gliedmaßen bei der PME beobachtet? Viele Teilnehmer antworten: „Entspannung“. Dann frage ich nach, woran sie die Entspannung erkannt haben. Diese Körperempfindungen wahrzunehmen hilft später, die Entspannungsreaktion aus dem Gedächtnis abzurufen und damit die Entspannung schneller und zuverlässiger „herzustellen“. Deshalb ist es wichtig, dass jeder schnell erkennt, wie sich bei ihm persönlich die Entspannung äußert. Wärme, Schweregefühl, Leichtigkeit, dicker und voluminöser werden der Gliedmaßen, der Körperteil wird als mehr präsent empfunden, strömende oder prickelnde Empfindung, eventuell auftretende bzw. ins Bewusstsein tretende Schmerzen oder Verspannungen, Gefühl nach dem An- und Entspannen der ersten Körperhälfte schräg auf dem Stuhl zu sitzen. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen zeigen: Vieles ist möglich, alles ist erlaubt, nichts muss stattfinden. Durch Vorwissen glauben viele Teilnehmer, sie sollten Wärme und Schwere empfinden und bewerten ihre eigenen abweichenden Empfindungen als nicht gelungene Entspannung. Das ist falsch. Es kann alles mögliche wahrgenommen werden und alles ist richtig.

Was noch auftreten kann:
Manche Teilnehmer zucken während des Entspannungstrainings regelrecht zusammen, werden schlagartig ganz wach, bekommen Herzklopfen, fühlen sich aufgeregt oder bekommen sogar Angst. Sie würden dann am liebsten aufstehen und herumlaufen, um die Spannung abzureagieren. Wer das möchte, darf das übrigens tun. Das Entspannungstraining ist für die Menschen da, sie sollen sich wohlfühlen. Durchhalten ist nicht nötig. Diese aktivierende Reaktion nennt man „Nachstellreaktion“. Sie wird manchmal spontan eingeleitet, wenn das Gehirn den Spannungsabfall registriert und sozusagen denkt: „Das kann doch nicht sein, so etwas macht mein Mensch doch sonst nicht“ und dann schlagartig die Ausgangsspannung wieder herstellt. Die Nachstellreaktion ist ein Zeichen von Gesundheit und Lebendigkeit, kein Anlass zur Beunruhigung. Sie ist so ähnlich wie das Zucken beim Einschlafen und genau so harmlos.

Bei der Besprechung der Reise durch den Körper kommt folgendes zur Sprache: Die Teilnehmer nehmen die Übung ganz unterschiedlich wahr. Einige spüren den Körper in den einzelnen Abschnitten sehr gut, andere überhaupt nicht, einige nur bestimmte Bereiche nicht und andere Bereiche widerum ganz deutlich. Besonders die großen Gelenke werden wegen der geringeren Anzahl an Nervenendigungen („technisches Problem“ ) von vielen nicht so gut gespürt. Ausnahme: Diejenigen, die eine Verletzung dort hatten. Sie spüren das oder die Gelenke sehr gut, denn die „Leitung“ ist bereits etabliert und trainiert. Auch hier gilt: Alles ist erlaubt und alles ist richtig. Die Körperwahrnehmung wird trainiert, je häufiger man sich damit beschäftigt und jeder kann ja seinen Körper sehr gut wahrnehmen, wenn dieser unter der kalten Dusche steht.

Einordnung der Übungen:
Sinn und Zweck der Konzentration auf die Körperwahrnehmung ist nicht nur das Training derselben, sondern die Konzentration der umherschweifenden Gedanken auf etwas so Unaufregendes wie einen Arm etc. Dadurch lernen wir uns ganz bewusst von unseren Stress erzeugenden Gedanken abzulösen und diese mit neutraleren Dingen zu „beschäftigen“. Da Gedanken Emotionen und die jeweils dazugehörigen Stressaktivierungen hervorrufen, kann so mehr Entspannung antrainiert werden.

Alle Meditations-, Gebets- oder Entspannungsverfahren arbeiten mit der Konzentration auf entspannende Reize: Atem beobachten (Vipassana-Meditation), monotones Murmeln von Silben („Om“) oder Gebetsversen (Rosenkranz beten), Konzentration auf ein Bild (Mandala –Meditation) , eine Kerzenflamme, eine Bewegung (Derwisch-Tanz, Yoga, Pilates). Bei der PME konzentriert man sich auf den Kontrast zwischen Anspannung und Entspannung der Muskeln, beim Body-Scan auf die Wahrnehmung der Körperpartien, bei Achtsamkeitsübungen ganz allgemein auf den aktuell wahrnehmbaren Sinnesinhalt (z.B. Rosinenmethode: Konzentriertes Schmecken der Rosine und Wahrnehmen aller taktilen Reize im Mund). Allen Techniken gemeinsam ist die aufmerksame, nicht wertende Haltung, bei der man automatisch in sich selbst zur Ruhe kommt. Ein Effekt, den die Teilnehmer so beschreiben: Ich fühle mich gut, entspannt, wohlig, kurz vor dem Einschlafen. Auf Nachfragen wird bejaht: auch sicher, geborgen, in mir ruhend.

Dieses Gefühl von innerer Ruhe fehlt heute im stressigen Alltag oft. Es ist ein wirksames Gegengewicht gegen jede Art von Stressbelastung und kann durch eine Entspannungsübung zuverlässig abgerufen werden. Neben allen körperlich gesunden Vorteilen der Entspannung (Absenkung von Blutdruck, Herzfrequenz, Stresshormonpegel, Muskelspannung, Schmerzempfinden, etc.) ist das ein der wichtigste, der seelisch stabilisierende Effekt des Entspannungstrainings. Und auch dieser wird immer stärker, je häufiger Sie üben. Denn das goldene Gesetz des Lernens lautet: Alles was das Gehirn häufig macht, wird besser!

Deshalb: Kein Stress mit der Entspannung!